Donnerstag, 19. Mai 2016

Freundschaften

Freundschaft, was ist das? Laut Definition ist Freundschaft ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet. Ich stelle mir in letzter Zeit sehr oft die Frage, wer der Menschen in meinem Umkreis wirkliche Freunde sind. Es gibt Freunde und es gibt Freunde.
Ich habe seit der Schulzeit schon viele Erfahrungen machen dürfen und müssen. Von Vertrauensmissbrauch über Freundschaftsbeweisen war alles dabei. Wir haben uns in Freundebüchern verewigt, geschrieben, dass wir für immer und ewig Freundinnen bleiben wollen. Wir wollten uns nie streiten und für immer zusammen bleiben. Ironischerweise habe ich mit den Menschen, mit denen ich solche Aussagen ausgetauscht habe, heute gar keinen Kontakt mehr. Und selbst wenn, dann nur sporadisch. Ist das Zufall? An wem liegt es? Stimmt mit mir etwas nicht?
Ich habe mich viel mit dieser Definition beschäftigt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich ihr nur zum Teil zustimmen kann. Sympathie ist definitiv wichtig. Ist einem der andere unsympathisch ist meiner Meinung nach eine Freundschaft nicht wirklich möglich. Doch was ist mit dem Vertrauen? Ich bin auf Grund meiner Erfahrungen ein Mensch, der fast alles mit sich selbst ausmacht. Ich erzähle es keinem, denn es bringt mich nicht weiter. (Der Einzige, der von allem weiß ist selbstverständlich mein Freund.) Zu oft wurde dieses Vertrauen schon missbraucht, da fängt man dann an, Dinge für sich zu behalten. Ich habe genau eine Freundin, der ich private Dinge erzähle. Doch auch nur dann, wenn es wirklich nicht mehr anders geht und ich es raus lassen muss. Bin ich die Einzige bei der das so ist? Bin ich komisch? Ich weiß es nicht. Laut Zitat braucht es also Vertrauen um befreundet zu sein. Sind meine anderen Freunde dann falsche Freunde, weil ich nicht das 100%ige Vertrauen habe ihnen alles aus meinem Leben zu erzählen? Nein, ich denke nicht. Es sind trotzdem Menschen, die mir unheimlich sympathisch sind, die mich zum lachen bringen und mit denen ich wunderschöne Erlebnisse und Erinnerungen verbinde. Menschen, die mir gut tun und die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte.

Früher in der Schule hatte man so ungefähr 271 Freunde. 3000 Freunde bei Facebook, der Klassiker. Als wäre es gestern gewesen, höre ich noch die Stimme meiner Eltern, ob das denn wirklich alles Freunde sind. Ob ich diese Menschen wirklich alle kenne. "Aber natürlich! Ich kenne die alle! Es sind alles Freunde!") 
Heute, fast zehn Jahre später, habe ich kräftig aussortiert. Aus meiner Schulzeit ist genau eine Freundin übrig geblieben. Eine Einzige, aus 12 Jahren Schulzeit. Ob es mich traurig macht? Lange hat es das, ja. So viele kaputte Freundschaften, ich habe unzählige Male überlegt, ob ich die Betreffenden einfach mal anrufe. eine Nachricht schicke. Soo so oft habe ich Nachrichten fertig geschrieben, doch nie abgeschickt. Ich habe die Menschen vermisst. Soll man alten Freundschaften hinterherrennen? Was habe ich falsch gemacht, dass es jetzt so ist wie es ist?

Nun, Jahre später, habe ich für mich die Erklärung gefunden. Meine Lieblingsmenschen habe ich nicht in der Schule kennengelernt. Sie sind mir durch spontane Zufälle ins Leben gestolpert. Es waren keine Menschen, die ich jeden Tag gesehen habe. Keine Menschen die meine komplette Geschichte miterlebt haben. Menschen, die mir vom Charakter her teilweise sogar null ähnlich sind.
Doch trotzdem sind sie da. Es sind Freundschaften, die auch mal schlechte Zeiten erlebt haben. Sechs Monate keinen Kontakt, weil man den anderen nicht mehr sehen kann, doch danach ist es wie vorher. Solche Freundschaften, in denen man sich auch mal deutlich ohne Rücksicht die Meinung ins Gesicht sagen kann, ohne, dass man Angst haben muss, dass es das danach war. Das sind mir die Liebsten.
Nachdem ich nun in alten Freundesbüchern geblättert und alte Fotos aus der Schulzeit wiedergefunden habe, ist mir bewusst geworden, dass es wohl einfach am Alter liegt. In der Schule hat man noch viele Gemeinsamkeiten. Man hat ein gemeinsames Ziel vor Augen, den Abschluss. Doch nach dem Abi haben sich alle auseinandergelebt. Der eine geht ins Ausland, der andere studiert, der dritte geht in eine Ausbildung, der Vierte lebt vor sich hin... jeder geht andere Wege, man führt unterschiedliche Leben und hat nicht mehr die gleichen Ziele. Man entwickelt sich einfach neu. Ich bin nun nicht mehr traurig, wenn ich die alten Bilder anschaue. Es sind Bilder von Menschen, die mich eine Zeit meines Lebens begleitet haben, für mich da waren. Jetzt sind sie nicht mehr Teil meines Lebens, doch das ist nicht schlimm. Aus den 271 Freunden sind 5 geworden. Doch bei den fünf weiß ich, dass ich mich immer auf sie verlassen kann. Manchmal sollte man mit einem Lächeln zurück schauen und die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen.

© Schnatterjulchen

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